Liebe Studierende,
der Senat in Berlin möchte eine Gesetzesänderung beschließen, aufgrund dessen eine Exmatrikulation von Studierenden auch ohne Gerichtsbeschluss und dementsprechende Untersuchung möglich ist. Diese soll, wenn man straffällig und/ oder gewalttätig geworden ist, mehrfach den Hochschulalltag gestört hat oder die Würde eines anderen verletzt hat, umsetzbar sein. [Q7]
Ebenso soll sie der Gewaltbereitschaft und Protesten entgegenwirken. Ursprünglich kam die Ideenumsetzung von der AfD, mittlerweile sind auch SPD und CDU hier vertreten.
Solche Maßnahmen waren ursprünglich 1968 getroffen worden, um politische Teilhabe und Protest gezielt zu unterbinden. [Q1, Q2] Das würde wiederum heißen, dass jede Störung eines Hochschulkontext dazu führen kann das ein Ordnungsverstoß verhängt wird – beispielsweise ‘’Klimaproteste, Proteste für bessere Studien- und Arbeitsbedingungen, gegen Kürzungen im Hochschulbereich oder Umstrukturierungen’’. Weiter sind sie gegen eine Sonderstrafgewalt durch Hochschulen ‘’weil die Tatbestände, die bis zu einer Exmatrikulation führen können, kaum objektiv und rechtssicher (durch Hochschulen) überprüfbar sind’’, was eine Kriminalisierung von Studierenden begünstigen kann. [Q6]
Der AStA (Allgemeine Studierendenausschuss) und das StuPa (Studierendenparlament) der HTW, die für die Vertretung deiner Interessen zuständig ,nehmen dazu wie folgt Stellung: Wie viele andere Asten Berlins und teilweise die Hochschulleitungen wie die der TU selbst, sind auch wir gegen die Einführung des Ordnungsrechts. Unter anderem wegen folgender Punkte:
In einem Statement der LAK wird zudem auf folgendes hingewiesen: ‘’Eine solche Maßnahme bedeutet für viele Studierende, dass die Finanzierung ihres Lebensunterhalt, z.B. durch Bafög und Stipendien, wegfällt. Auch der Verlust eines Wohnheimplatzes und damit des einzigen bezahlbaren Wohnraums in Berlin droht. Für viele Studierende ohne deutsche Staatsbürgerschaft hängt sogar die Aufenthaltserlaubnis und somit ihr Bleiberecht an der Immatrikulation.’’ [Q1]
Detaillierteres mit kritischem Blick auf Rechtslagen, Beispielen und Hintergründen und weshalb wir Studierende dadurch teils in Grundrechten – also etwas das uns allen gegeben sein sollte – beschränkt werden, findet ihr im Statement der Landesastenkonferenz (LAK) Berlin. (sehr lesenswert)
Die Möglichkeit, die ursprünglichen Ziele, welche angegeben wurden des Schutzes und einer guten Lernumgebung, welche CDU und SPD angestrebt haben, werden durch die fehlende Konkretisierung im Gesetz selbst, welche als “Flexibilität” ausgelegt wird, also wahrscheinlich in der jetzigen Formulierung verfehlt. Andere ASten fordern bei ihren Hochschulen, Bund und Ländern statt der Umsetzung des Gesetzesentwurfs die Möglichkeit durch Bildung, Prävention, Aufklärung und Aufarbeitung, um solchen Straftaten entgegenzuwirken. [Q3 und Q4] Ebenso besteht die Meinung, dass an Universitäten nicht nur ‘’Safe Spaces’’ entstehen sollen, sondern auch die Möglichkeit, in den offenen Diskurs zu gehen und Konflikte miteinander auszutragen – allerdings in einem Rahmen der vom Land gefordert wird, welcher einen sicheren Umgang mit anderen Meinungen zulässt. [Q5]
Es gibt auch Stimmen die für den Gesetzesentwurf sind, so zum Beispiel der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), die jüdische Studentenunion (JSUD), die liberale Hochschulgruppe (LHG), CampusGrün und die JUSO-Hochschulgruppen. Sie sind für die Ausschließung von Studenten an deutschen Universitäten bundesweit, falls sie gewalttätig, straffällig oder extremistisch sind. Dies erweckt den Eindruck, dass Sie nicht alle Gesichtspunkte betrachteten oder Themen aus anderen Gründen wegließen. Jedoch lassen sie in ihrem Statement alle anderen Punkte, Konsequenzen und anderer Lösungsmöglichkeiten außer acht. [Q8] Innerhalb der jeweiligen Jugend- bzw. Hochschulorganisationen gab es nach dieser Stellungnahme auch wieder Distanzierungen von dieser.
Es stellt sich die Frage, inwiefern offener Diskurs mit freier Meinungsäußerung und Möglichkeit zum Protest einhergehen mit geregelten Ordnungsabläufen, die Menschen beurteilen sollen welche wahrscheinlich nicht dazu ausgebildet sind sich mit solchen sensiblen Themen auseinander zu setzen. Ebenso inwieweit dem Recht zur freien Entfaltung genüge getan wird durch die Wahl und Belegung eines Studiengangs für den weiteren Lebensweg von uns. Wo können Studierende sich unter anderem politisch engagieren und wie gegen Diskriminierung z.B. von Lehrpersonen vorgehen wenn oftmals alte Machtstrukturen bestärkt werden in denen Studierende wie im Gesetzesentwurf und dem jetzigen Stand zwar Teilnehmen und befragt werden aber oftmals ihre Stimme nicht so viel Gewicht hat? Wie können wir uns unter solchen Gegebenheiten für euch einsetzen? Steht es uns überhaupt zu darüber zu urteilen, ob ihr an der Uni bleiben dürft? Und wie können wir sicher gehen, dass wir die Fakten kennen?
Seid ihr gegen den Gesetzesentwurf und eine Zwangsexmatrikulation? Oder eher dafür, dass auch Leute neben der Gewaltenteilung mitbestimmen dürfen? Habt ihr Fragen? Meldet euch gerne per Mail im AStA oder schaut bei einer Sitzung rein.
Am 11.04.2024 um 18:00 Uhr findet eine Podiumsdiskussion, organisiert von der Landesastenkonferenz Berlin, zu diesem Thema statt. Ihr seid herzlich eingeladen!
“Comeback einer schlechten Idee? – Gegen die Wiedereinführung des Ordnungsrechts!” in der TU Berlin, Raum H 1012.
Wir vom AStA & StuPa hoffen, dass ihr trotz der geplanten Änderungen eure Pläne verwirklichen könnt und ein erfolgreiches Semester vor euch habt!
Liebe Grüße
Euer AStA